Traumrollen mit Nadja Tiller und Fritz Lichtenhahn
Hörspiel
Jean-Claude Kuner
Die Scheinwerfer sind aus. Der Vorhang zu.
Ein realer Ort, eine fiktive Handlung.
Die Darsteller: zwei legendäre Film- und Bühnenstars.
Nadja Tiller und Fritz Lichtenhahn.
Beide Schauspieler sind sich im Hamburger Seniorenheim Augustinum zum ersten Mal begegnet. Sie treffen sich öfters beim Mittagessen und tauschen Erinnerungen aus. Dann fassen sie den Entschluss, aus nie gespielten Rollen einen Theaterabend zu gestalten.
Auf der Suche nach ihren Traumrollen für einen Abend über die Liebe spielen sie sich durch “Romeo und Julia”, Szenen von Karl Valentin, den “Schwanengesang” von Anton Tschechow bis hin zu Schnitzlers “Anatol”. Realität und Fiktion vermischen sich. Wo endet das Spiel, wo beginnt die Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben, mit Alter und Tod?
Jean-Claude Kuner
ist in Basel geboren, lebt seit vielen Jahren in Berlin. Seine künstlerische Arbeit begann er am Theater. Seit 1980 schreibt er Radiofeatures, bekam mehrere nationale und internationale Auszeichnungen – »Traumrollen« wurde als deutsches Hörspiel des Jahres 2013 ausgezeichnet.
Mittwoch, 4. März 2015
Der Teufel hat Ärger
Die wundersame Wandlung des liberianischen Warlords Joshua Milton Blahyi
Jörn Klare
Auf der Terrasse seines einfachen Hauses am Rand der liberianischen Hauptstadt Monrovia lässt sich Joshua Milton Blahyi den so gut wie kahlen Kopf scheren. Neben ihm liest sein kleiner Sohn laut in der Bibel. Später wird Blahyi in einer kleinen Kirche predigen, dort, wo er als Gegner von Charles Taylor in einem barbarischen Bürgerkrieg gekämpft hat.
Blahyi war ein Warlord, Herr über bis zu 7.000 meist minderjährige Krieger – ein Priester der schwarzen Magie, der vor seinen Kämpfen regelmäßig Kinder opferte, um deren Herz zu verspeisen. Er soll für den Tod von 20.000 Menschen verantwortlich sein. Sein Kampfname lautete »Butt-Naked«, weil er komplett nackt in die Gefechte stürmte, bis sich ein Mann in sein Hauptquartier wagte, um ihn auf den Weg Gottes zu führen. Der Autor begleitet Blahyi bei seiner Arbeit in den gefährlichen Slums, seinen Predigten, der Begegnung mit ehemaligen Kindersoldaten, in den Schachclub und in das kleine Haus, in dem der heute 44-Jährige mit seinen Kindern lebt. Dies ist die Geschichte einer Verwandlung.
Jörn Klare
lebt in Berlin. Er recherchierte in mehr als 30 Ländern und wurde für seine Radioarbeiten unter anderem mit dem Robert-Geisendörfer-Preis mehrfach ausgezeichnet. Er schrieb Sachbücher über Demenz und Menschenwert-Berechnungen. 2015: Uraufführung seiner ersten beiden Theaterstücke an den Staatstheatern Karlsruhe und Nürnberg.
Mittwoch, 1. April 2015
Heilen macht krank?
Oder: der Arzt als Patient
Dorothea Brummerloh
Ärzte heilen heute nicht mehr nur, sie sind auch Verwaltungsangestellte. Sie dokumentieren, füllen bergeweise Anträge und Formulare aus. Für die eigentliche Arbeit am Patienten bleibt wenig Zeit. Der ökonomische Druck, der auf den Krankenhäusern lastet, ist enorm. Auch sie müssen wirtschaftlich arbeiten. Arbeitszeiten und Arbeitsbelastung der Ärzte steigen an und mit ihnen die Angst vor Behandlungsfehlern, die nicht nur für Patienten eine Katastrophe bedeuten.
Das alles hat Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Ärzte, die oft schlechter aussehen als ihre Patienten. Mediziner leiden öfter an Depressionen und Suchterkrankungen als andere Berufsgruppen, begehen doppelt so häufig Selbstmord. Ärzte bekommen meist erst mit, welche Mängel das System hat, wenn sie selbst Patienten sind.
Tun sie etwas dagegen? Warum macht der Arztberuf so viele krank? Wie gefährlich ist das für die Patienten? Was hat Einfluss auf das Arzt-Patienten-Verhältnis? Kann ein kranker Arzt andere noch heilen?
Dorothea Brummerloh
wohnt im Umland von Bremen. Sie ist gelernte Fachkrankenschwester, Studium der Agrarwissenschaften, seit 2004 Hörfunkjournalistin; arbeitet für viele Sender des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Mittwoch, 6. Mai 2015
Oury Jalloh – die widersprüchlichen Wahrheiten eines Todesfalls
Preisverleihung Feature-Preis bremer hörkino
Margot Overath
Januar 2005, Dessau, Sachsen-Anhalt. In einer Polizeizelle verbrennt an Händen und Füßen gefesselt der Asylbewerber Oury Jalloh bei lebendigem Leib. Selbst verschuldet, sagen die einen. Ermordet, sagen die anderen. Was geschehen ist, wird nur gedeutet. Klare Beweise liegen nicht vor.
Da auch der zweite Prozess vor dem Landgericht Magdeburg keine endgültige Aufklärung zum Entstehen des Brandes bringt, knüpft die Autorin an ihre Recherche für ihr erstes Feature zum Fall Jalloh –»Verbrannt in Polizeizelle Nr. 5« – an und hinterfragt die Ermittlungsergebnisse erneut.
Mit Unterstützung von Gerichtsmedizinern, Toxikologen und Kriminalbeamten geht sie Ungereimtheiten nach und bekommt Hinweise auf einen dritten Mann. Ging es am Anfang um unterlassene Hilfeleistung des Dienstgruppenleiters, ermittelt die Staatsanwaltschaft Dessau seit 2014 gegen Unbekannt wegen Mordes.
Margot Overath
lebt im Bremer Umland, arbeitet seit 1980 fürs Radio.
Sie arbeitete am Hamburger Institut für Sozialforschung über die RAF. Als freie Autorin ist sie tätig für alle Hörfunk-Anstalten der ARD. Für ihre Sendungen erhielt sie den »CIVIS-Preis«, den »IFJ-Prize« der internationalen Journalistenföderation und den »Feature-Preis bremer hörkino« 2011.
Mittwoch, 3. Juni 2015
Rechtsweg ausgeschlossen?
Mercedes-Benz Argentina – ein Präzedenzfall
Gaby Weber
Während der argentinischen Militärdiktatur 1976 bis 1983 hatten sich viele Betriebe ihrer kritischen Gewerkschafter entledigt, indem sie sie als »Terroristen« denunzierten – der Fall Mercedes-Benz ging um die Welt.
17 Betriebsaktivisten soll die Führung von Mercedes-Benz Argentina den Folterern ans Messer geliefert haben, 14 der Verschleppten fanden den Tod. 1999 hat die Autorin zum ersten Mal über die Verwicklung des Konzerns in die Verbrechen der Militärdiktatur berichtet und den Opfern Gehör verschafft.
Sie hat geholfen, die Angehörigen der Ermordeten und die Überlebenden zu überzeugen, vor Gerichten in Deutschland, Argentinien und den USA gegen die Verantwortlichen zu klagen. Ohne Erfolg. Im Januar 2014 verweigerte der US Supreme Court den Rechtsweg im Fall der »verschwundenen Betriebsräte von Mercedes-Benz«. Die Autorin zieht eine Bilanz ihrer jahrelangen Recherchen.
Gaby Weber
lebt in Buenos Aires. Sie berichtet seit Mitte der 80-er Jahre aus Südamerika, vor allem für die ARD und für den Deutschlandfunk. Ihre Schwerpunkte sind internationale Politik, Menschenrechte und die Verstrickungen der Geheimdienste. Sie schrieb mehrere Bücher –unter anderem eines über Gespräche mit Guerillaführern.
Mittwoch, 2. September 2015
Das Ehebruchskind
Die Geschichte um ein Millionenerbe
Charly Kowalczyk
Domenica ist ein Wunschkind. Obwohl Domenicas Eltern mit anderen Partnern verheiratet waren und Kinder hatten, liebten sie sich neun Jahre lang. Doch vier Jahre nach ihrer Geburt will der Schweizer Fabrikant von seiner unehelichen Tochter nichts mehr wissen. Für die Mutter, eine Dolmetscherin aus Hamburg, ist das Mädchen nun Ausdruck ihrer enttäuschten Liebe. Während die Eltern vor Gericht um Vaterschaft und Unterhalt streiten, bleibt ein verzweifeltes und einsames Kind zurück. Der Vater will verhindern, dass Domenica einen Teil seines Vermögens erbt. Er hinterlässt ein Millionenerbe, das die Schweizer Familie unter sich aufteilt.
Acht Jahre nach dem Tod des Vaters beginnt die heute 49-jährige Hamburgerin zu kämpfen. Sie fordert die Gleichbehandlung von ehelichen und nichtehelichen Kindern im Erbrecht und einen Anteil an den Hinterlassenschaften ihres Vaters. Domenica ist entschlossen bis zur letzten Instanz zu gehen. Wenn nötig bis zum Gerichtshof für Menschenrechte nach Straßburg.
Charly Kowalczyk
lebt in Potsdam. Er schreibt Features, Reportagen und Sachbücher. Sein Interesse gilt vor allem sozialen und umweltpolitischen Themen. Er erhielt mehrere Feature-Preise. Veranstaltet mit Beate Hoffmann das bremer hörkino.
Mittwoch, 7. Oktober 2015
Ohne Gott in Deutschland
Die unsichtbare Konfession
Gaby Mayr
Papst Franziskus ist ein Medienstar. Sämtliche Kabinettsmitglieder haben bei ihrer Vereidigung Gottes Hilfe angerufen. Die Banken arbeiten mit Hochdruck, damit zum 1. Januar 2015 von allen Kirchenmitgliedern eine Zusatzsteuer auf Kapitalerträge eingezogen werden kann, so wie es das Gesetz vorschreibt.
Ist Deutschland ein christlicher Gottesstaat – nicht mit Gotteskriegern natürlich, sondern dank dezenter Allgegenwart des Christentums, kirchlichem Lobbyismus und einer parteiübergreifenden Nähe der Politik zu den Kirchen? Eine erstaunliche Nähe, sinken doch die Mitgliederzahlen der beiden großen Kirchen stetig. Die Nichtgläubigen sind in Deutschland mittlerweile die größte »Konfession«.
Aber die Millionen, die ohne Gott leben, treten nicht organisiert auf – weil Gott für die meisten von ihnen einfach kein Thema ist. Auch das erleichtert den Kirchen, ihre Sicht der Welt von Sterbehilfe bis Ethikunterricht durchzusetzen.
Gaby Mayr
lebt in Bremen. Sie arbeitet seit Jahrzehnten als freie Journalistin für Radio und Printmedien. Ihre Schwerpunkte sind »Machtfragen« und »Afrika«. Die Autorin hat mehrere Journalistenpreise erhalten.
Mittwoch, 4. November 2015
United Nothing
Niederländische Blauhelmsoldaten 20 Jahre nach der Rückkehr aus Srebenica
Rainer Schwochow
Ein Abgeordnetenbüro in Den Haag: Anne, 45. Ein Einfamilienhaus in einem idyllischen Vorort von Amsterdam: Hans, Ende 50. Ein Büro im Lager Westerbork, jenem Ort, von dem Anne Frank auf die Todesreise in die deutschen Vernichtungslager geschickt wurde: Ebel, 65.
Vor 20 Jahren waren die drei Männer als Blauhelmsoldaten in Srebrenica. Am 11. Juli 2014 werden dort 175 Tote mit einer großen Zeremonie bestattet. Ermordet bei dem Massaker an moslemischen Bosniern im Juli 1995. Wenige Tage später stellt ein Gericht in Den Haag die Mitschuld der Niederlande am Tod von 300 bosnischen Männern fest.
Aber wen belastet das Gericht mit seinem Schuldspruch? Die Regierung? Die Armeeführung? Die beteiligten Blauhelmsoldaten? Auch ohne dieses Urteil werden die drei Männer die Frage nach ihrer Verantwortung nicht mehr los. Wie haben sie die letzten Tage von Srebrenica erlebt und wie kommen sie heute damit zurecht?
Rainer Schwochow,
lebt in Berlin, war Dramaturg am Theater und beim Kinderhörspiel im DDR-Rundfunk. Ab 1989 freier Journalist. Produzierte mit seiner Frau Heide Schwochow viele Features und das erste gemeinsame Drehbuch für den ARD-Fernsehfilm „Bornholmer Straße“. Er erhielt verschiedene Preise.
Mittwoch, 2. Dezember 2015
Lügner, Spinner, Heiler und Propheten
Einkaufstour im spirituellen Supermarkt
Caroline Michel
Jeder vierte Deutsche zeigt sich laut der allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften aufgeschlossen gegenüber Wunder- und Geistheilern. Gut 40 Prozent halten etwas von Astrologie oder New Age, mehr als die Hälfte äußern Sympathie für Anthroposophie und Theosophie – Westdeutsche jeweils mehr als Ostdeutsche.
Der Markt für esoterische Produkte, Dienstleistungen und Weltanschauungen ist riesig. Und unüberschaubar.
Caroline Michel
lebt in Köln, studierte unter anderem Germanistik und Anglistik. Seit 1998 Aufnahmeleiterin für den Deutschlandfunk und freie Journalistin für ARD-Hörfunksender, für verschiedene Fachmagazine und Tageszeitungen.